Insolvenzantrag für Unternehmen
Die wichtigsten Informationen
Wer muss einen Insolvenzantrag stellen?
Insolvenzanträge sind in Deutschland bei Unternehmen, die in einer haftungsbeschränkten Rechtsform betrieben werden, verpflichtend. Das sind vor allem GmbHs, GmbH & Co. KGs, Aktiengesellschaften, etc. Die Geschäftsleiter solcher Unternehmen müssen Insolvenzantrag stellen, wenn das Unternehmen insolvenzreif ist. Personengesellschaften, für deren Verbindlichkeiten eine natürliche Person persönlich haftet (zum Beispiel bei der OHG und der GbR) und bei Einzelkaufleuten oder Freiberuflern besteht hingegen keine Insolvenzantragspflicht. Dennoch kann ein Insolvenzantrag sinnvoll sein, um das Unternehmen zu sanieren oder sich als Privatperson zu entschulden.
Für natürliche Personen besteht durch einen Insolvenzantrag die Chance, sich seiner Schulden dauerhaft zu entledigen. Diese Möglichkeit steht sowohl Verbrauchern zu (also in der Regel Angestellten, Beamten, ebenso wie Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern) als auch unternehmerisch tätigen Personen (Freiberuflern, Einzelkaufleuten) oder solchen, die als persönlich haftende Gesellschafter für die Verbindlichkeiten eines Unternehmens oder als Bürge haften.
Insolvenzantrag während COVID-19
Die bei haftungsbeschränkten Rechtsformen (GmbH, GmbH & Co. KG, AG, etc.) geltende Insolvenzantragspflicht ist derzeit unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt. Vom 01.03. bis zum 30.09.2020 war diese Pflicht generell ausgesetzt, wenn das jeweilige Unternehmen nicht schon am 29.02.2020 oder früher insolvenzreif war. Die Insolvenzreife muss also auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beziehungsweise der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus beruht haben. Sofern das Unternehmen am 31.12.2019 (noch) zahlungsfähig war, wird dies grundsätzlich vermutet. Seit dem 01.10.2020 gilt dies nicht mehr, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig ist. Sofern ein Unternehmen (nur) überschuldet, aber (wieder) zahlungsfähig ist, ist die Insolvenzantragspflicht weiterhin bis zum 31.12.2020 ausgesetzt.
Unternehmen mit Mietrückständen
Viele Unternehmen dürften jedoch im Hinblick auf rückständige Mieten zahlungsunfähig sein, sofern sie nicht mit dem Vermieter eine Vereinbarung geschlossen haben, dass die ausstehenden Mieten gestundet sind. Die Tatsache, dass der Vermieter trotz ausbleibender Mietzahlungen nicht kündigt, reicht dafür nicht. Dies gilt auch für den privilegierten Zeitraum April bis Juni 2020, in welchem eine Nichtzahlung von Mieten kein Kündigungsrecht des Vermieters auslöste. Trotz dieser Kündigungsbeschränkungen waren (und bleiben) diese Mieten fällig und führen zu einer Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens, wenn der Vermieter sie nicht ausdrücklich stundet oder eine andere Regelung über eine spätere Zahlung dieser rückständigen Mieten mit dem Vermieter getroffen werden kann.
Überschuldete Unternehmen
Unternehmen, die zwar zahlungsfähig aber überschuldet sind, unterliegen ab dem 01.01.2021 wieder einer uneingeschränkten Insolvenzantragspflicht. Da bei den allermeisten Unternehmen, die durch COVID-19 in Mitleidenschaft gezogen wurden, aktuell eine rechnerische Überschuldung bestehen dürfte (auch die staatlichen Hilfsprogramme, Schnellkredite, etc., haben in der Regel die Passiv-Seite der Bilanz verlängert), brauchen diese Unternehmen ab dem 01.01.2021 eine belastbare Fortführungsprognose.
Wie geht es 2021 weiter?
Für einige dieser Unternehmen könnte der ab Anfang 2021 geplante gesetzliche Restrukturierungsrahmen nach dem (geplanten) Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) eine Möglichkeit bieten, den Fortbestand des Unternehmens ohne ein Insolvenzverfahren zu gewährleisten. Sofern es sich beispielsweise um Mietrückstände handelt oder es darum geht, sich aus längerfristigen Mietverträgen oder anderen Verträgen zu lösen, die für das Unternehmen unvorteilhaft sind, kann der Restrukturierungsrahmen ein geeignetes Instrument sein.
Haftung von Geschäftsleitern
Verstöße gegen die Insolvenzantragspflicht ziehen weitreichende Rechtsfolgen für die Leitungsorgane des Unternehmens (also z. B. den Geschäftsführern einer GmbH) nach sich. Neben strafrechtlichen Rechtsfolgen (Insolvenzverschleppung, Bankrott, Untreue, Betrug, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, etc.) schlägt in der Regel die zivilrechtliche Insolvenzverschleppungshaftung massiv zu Buche (§ 64 Satz 1 GmbHG, § 130a Absatz 2 HGB, § 93 Absatz 3 Nr. 6 AktG). Die Geschäftsleitungsorgane haften für sämtliche Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet werden. Das bedeutet, dass nahezu alles, was ab Eintritt der Insolvenzreife noch bezahlt wird, vom Geschäftsleiter persönlich zu erstatten ist. Hiervon gibt es gewisse Ausnahmen (sogenannte privilegierte Zahlungen), die entweder nicht „masseschmälernd“ oder mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters vereinbar sind. Trotz dieser Ausnahmen summiert sich der Betrag, für den die Geschäftsleistungsorgane haften, zu immensen Summen auf, wenn die Insolvenzverschleppung länger andauert.
Daneben kann ein Geschäftsleiter auch aus anderen Gründen haftbar gemacht werden. So kommt eine Haftung gegenüber Vertragspartnern in Betracht, wenn der Geschäftsleiter bereits wusste oder wissen musste, dass sein Unternehmen den Vertrag nicht mehr erfüllen können wird (§ 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 15 Absatz 1 InsO beziehungsweise § 263 StGB). Außerdem kommt eine Steuerhaftung gegenüber dem Finanzamt in Betracht (§ 70 AO), ebenso wie gegenüber den Sozialversicherungsträgern hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge (§ 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 266a StGB). Weitere Haftungstatbestände nach allgemeinen Grundsätzen (§ 43 GmbHG, § 93 AktG) können noch hinzukommen.
Die Haftung des Geschäftsleiters wird sich durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) noch weiter verschärfen, weil die Mitglieder der Geschäftsführung demnach fortlaufend zur Überwachung gefährdender Entwicklungen verpflichtet sind und ab dem Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren haben. Vor diesem Hintergrund sind die Geschäftsleiter von Unternehmen, die in einer haftungsbeschränkten Rechtsform betrieben werden, noch viel mehr als bisher gehalten, die Unternehmensentwicklung mit einem Blick auf mögliche Insolvenzgründe laufend im Auge zu behalten.
Welche Varianten des Insolvenzverfahrens gibt es?
Bei einem Unternehmen kommen als Insolvenzverfahren im Wesentlichen drei Varianten in Betracht: Das Regelinsolvenzverfahren, ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren. Beim Regelinsolvenzverfahren wird das Unternehmen durch einen Insolvenzverwalter abgewickelt. Beim Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und beim Schutzschirmverfahren kann das Insolvenzverfahren in Eigenregie unter Aufsicht eines Sachwalters durchgeführt werden, wenn dadurch keine Nachteile für die Gläubiger zu befürchten sind. Hierzu ist in der Regel eine geeignete personelle Aufstellung der Geschäftsleitungsorgane und eine entsprechende Vorbereitung erforderlich. Gleiches gilt für das Schutzschirmverfahren, das nur solange beantragt werden kann, als das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist.
Wie kann ein Insolvenzverfahren ausgehen?
Für das Unternehmen kann das Insolvenzverfahren im Wesentlichen drei Ausgänge haben: Das Unternehmen wird entweder abgewickelt, was zumeist dann der Fall ist, wenn es überhaupt keine Fortführungsaussichten hat beziehungsweise nicht sanierungsfähig ist und / oder sich kein Erwerber oder Investor findet. Sofern sich ein Käufer findet, kann das Unternehmen hingegen (abhängig von seiner Struktur) verkauft werden (sogenannter Asset-Deal) und dann vom Käufer fortgeführt werden. Als dritte Variante kann das Unternehmen im Wege eines sogenannten Insolvenzplans saniert werden. Dabei müssen die Gläubiger auf Teile ihrer Forderungen verzichten, und unvorteilhafte Vertragsverhältnisse können in der Regel beendet werden. Auf diese Art und Weise kann das Unternehmen selbst saniert werden, was aber regelmäßig mit dem Einstieg eines Investors verbunden ist.